Antirepressionsvortrag „Was tun wenn’s brennt“ im Rahmen der Kritischen Erstiwochen 2024

Jedes Jahr nach der Erstiwoche der Uni organisieren die Linke Hochschulgruppe Kleine Strolche die Kritischen Erstiwochen.

Gestaltet von unterschiedlichen linken und alternativen Gruppen und Organisationen aus Osnabrück gibt es jedes Jahr ein breites Programm an Veranstaltungen (Vorträge, Workshops und vieles mehr).

Auch die Rote Hilfe veranstaltet in diesem Jahr wieder einen „Was tun wenn’s brennt“ Vortrag am 4.11.24 um 19 Uhr in Raum 15/105 der Uni.

Was tun wenn’s brennt, damit eine Verhaftung oder ein Ermittlungsverfahren nicht zur Katastrophe wird?

Wie verhalte ich mich am besten bei Demonstrationen, welche Angaben muss ich bei Personalienkontrollen oder Festnahmen machen und was ist eigentlich ein EA? Was darf die Polizei bei Hausdurchsuchungen und welche Rechte habe ich auf der Polizeiwache? Alles in allem: Wie schütze ich mich als Aktivist*in vor staatlicher Repression?

Weiterlesen

Gerichtsverhandlung am 5. November – Solidarität mit Osnabrücker Antifaschisten!

 

 

 

 

 

 

 

[via Antifa-Mitmachkampagne „Den Rechten die Räume nehmen“]

Auf unserer Demonstration „Alle zusammen gegen den Faschismus“ am 27.01. gab es einen weiteren Repressionsfall. Viele Demo-Teilnehmer*innen werden sich wahrscheinlich noch erinnern: Unsere Demonstration blieb über eine halbe Stunde stehen und solidarisierte sich mit dem Betroffenen. Auch hier hat der Betroffene einen Strafbefehl (Urteil ohne Gerichtsverhandlung) bekommen. Dem Antifaschisten wird Beleidigung, Bedrohung, Widerstand gegen Polizist*innen und tätlicher Angriff gegen Polizist*innen vorgeworfen. Auch hier sind die Vorwürfe an den Haaren herbeigezogen.

Was war passiert?

Unsere Demonstration ging am 27.01. auch an der rechtsradikalen Burschenschaft Arkadia vorbei. Vor der Burschenschaft war eine Kette von Polizist*innen postiert. Als der Betroffene auf dem Bürgersteig vor Burschenschaft als Teil der Demonstration entlang ging, schubste ihn einer der Polizisten auf die Straße. Einige Minuten später – die Demonstration war inzwischen weiter gezogen – stürmten Polizist*innen in die Demonstration, zogen den Antifaschisten aus der Demo und drückten ihn brutal gegen eine Hauswand. Der Betroffene fragte die Polizist*innen was das Ganze soll, diese schrien ihn daraufhin an, dass er sich hinlegen soll. Einer der Polizisten schlug dabei mehrfach gegen das Knie des Antifaschisten. Er wurde über 15 Minuten festgehalten, seine Personalien wurden aufgenommen und die Cops erteilten ihm einen Platzverweis.

Die Polizei wirft dem Betroffenen vor sich gegen diese Festnahme gewehrt zu haben. Sie hätten ihn mündlich aufgefordert mitzukommen – eine Lüge. Es ist keine neue Methode der Polizei überfallartig Menschen aus Demonstrationen zu ziehen und dann jede vermeintliche Regung als Widerstand und tätlichen Angriff zu werten und anzuzeigen. Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen wird dann auch noch ein vermeintliches Duzen als Beleidigung ausgelegt. Es habe die Polizist*innen in ihrer Ehre verletzt. Der Antifaschist soll dafür von 3600€ bezahlen und eine Vorstrafe kassieren – also einen Eintrag ins Führungszeugnis.

Wir als Kampagne „Den Rechten die Räume nehmen“ solidarisieren uns mit dem angeklagten Antifaschisten. Wir fordern die Einstellung immer weiterer Repressionen gegen Antifaschist*innen in Osnabrück.

Kommt zur Gerichtsverhandlung am Dienstag den 05.11., Treffpunkt 08:15 Uhr vor dem Amtsgericht.

Soli-Aufruf: 4 Antifaschist*innen in Osnabrück vor Gericht

Via Antifa-Mitmachkampagne:

Keine Kriminalisierung von Antifaschismus!
Wir, die antifaschistische Mitmach-Kampagne „Den Rechten die Räume nehmen“, organisieren seit August 2023 Protest und Aktionen gegen die AfD in Osnabrück – und das sehr erfolgreich. Es gab keinen Infostand der AfD, der ohne Gegenprotest ablief. Teilweise mobilisierten wir über 100 Antifaschist*innen gegen ihre Infostände. Am 27.01. organisierten wir eine Demonstration an der über 2200 Menschen teilnahmen. Die AfD verlor außerdem ihren Raum für ihre Stammtische und beim Parteitag im Landwehrviertel konnten wir durchsetzen, dass der Protest in Sichtweite der AfD stattfand. Viele, insbesondere auch junge Aktivist*innen, bringen sich bei der Kampagne ein und lassen den Rechtsruck nicht unwidersprochen.
Seitdem es uns als Kampagne gibt sind wir bzw. einzelne Aktivist*innen allerdings auch immer wieder staatlicher Repression ausgesetzt. Nun stehen im Juni gleich vier Antifaschist*innen vor Gericht. Die Vorwürfe sind dabei allesamt absurd.

AfD-Simulanten
Die erste Gerichtsverhandlung ist am 03.06., Treffpunkt 12:00 Uhr vor dem Amtsgericht. Der Vorwurf lautet: Fahrlässige Körperverletzung. Im Rahmen eines AfD-Infostandes gab es eine kreative Protestaktion, Aktivist*innen hatten Mülltüten mitgebracht, sie in die Nähe des AfD-Infostandes gestellt, damit Passant*innen die AfD-Flyer direkt fachgerecht entsorgen können. Die AfD war selbstverständlich nicht amüsiert, nutzten doch viele diese Möglichkeit. Ein Antifaschist wollte ebenfalls Flyer vom AfD-Stand mitnehmen, eine AfDlerin griff plötzlich nach den Flyern und meint nun sich stark an der Hand verletzt zu haben. Die AfD versuchte im Nachhinein das Ganze als „Angriff“ darzustellen. Dafür wird der Aktivist nun angeklagt.

Mittelfinger zur Burschenschaft
Im Rahmen unserer Demonstration am 27.01. zogen wir an dem Haus der rechtsradikalen Burschenschaft Arkadia-Mittweida in der Herderstraße vorbei. Die Burschenschaft hat enge Verbindungen, teils personelle Überschneidungen zur AfD und zur Jugendorganisation „Junge Alternative“. Sie organisierte in der Vergangenheit Vorträge mit Vertreter*innen der Identitären Bewegung und fuhr zu den sogenannten Pegida-Aufmärschen nach Dresden. Viele Teilnehmer*innen der Demonstration machten ihre Abneigung gegen die Burschenschaft deutlich und zeigten in Richtung des Hauses den Mittelfinger. U.a. die NOZ veröffentlichte ein Foto auf dem mehrere Demonstrant*innen dies tun und schrieb: „Vor dem Haus der Burschenschaft Arkadia-
Mittweida wurde gezeigt, was die Demonstranten von der Gruppierung halten“. Vor dem Haus waren mehrere Polizist*innen stationiert. Ein Antifaschist wurde plötzlich herausgezogen, musste seine Personalien abgeben und ist nun wegen Beleidigung angeklagt, die Person soll 600€ zahlen. Bei ausgerechnet dieser Person interpretierten die Polizist*innen den Mittelfinger als gegen sie gerichtet. Es ist vollkommen absurd und offensichtlich konstruiert, warum nun gerade dieser eine Mittelfinger unter Hunderten gegen die Polizist*innen und nicht gegen die Burschenschaft gerichtet gewesen sein soll.
Die Gerichtsverhandlung findet am 02.07. statt, Treffpunkt 08:30 Uhr vor dem Amtsgericht.

5600€ und eine Vorstrafe für Kreide?!
Dieser Fall von Repression begleitet die Kampagne schon länger, einige werden davon bereits gehört haben. Im Vorfeld eines AfD-Infostands verschönerten Antifaschist*innen den Platz rund um den Haarmannsbrunnen – dort versammelte sich die AfD in der Vergangenheit – mithilfe von Sprühkreide mit antifaschistischen Parolen. Die AfD war gezwungen ihren Stand vor einem mehrere Meter großen „FCK – AFD“ abzuhalten. Auch an den Haarmannsbrunnen wurde ein kleiner Spruch gemalt: „Ganz Osna hasst die AfD“. Ein paar Regenschauer hätten die Kreide nach kurzer Zeit wieder weggespült. Doch die Polizei nahm die drei Aktivist*innen rabiat fest und nahm sie mit auf die Wache. Zwei der drei Antifaschist*innen sind nun angeklagt, der Vorwurf „Gemeinschädliche Sachbeschädigung“. Die Staatsanwaltschaft fordert für eine Person eine Geldstrafe in Höhe von 1600€ und für die andere in Höhe von 4000€. Aber damit nicht genug: Wenn es nach der Staatsanwaltschaft geht, soll letztere zusätzlich einer Vorstrafe verurteilt werden. Das bedeutet, dass einem beruflich massiv Steine in den Weg gelegt werden und bestimmten Berufen gar nicht mehr nachgegangen werden kann. Die Gerichtsverhandlung findet am 18.06. statt, Treffpunkt um 12:30 Uhr vor dem Amtsgericht.

Als Kampagne rufen wir euch auf: Zeigt eure Solidarität mit den angeklagten Antifaschist*innen. Die staatliche Repression soll einschüchtern und Kapazitäten binden. Sie ist die klare Ansage an antifaschistisches Engagement: Schon die kleinste kreative Protestaktion, schon die kleinste tatsächliche oder vermeintliche Regelabweichung kann einen vor Gericht bringen und mit massiven
Strafen überziehen. Das können wir uns nie, aber in dem aktuellen politischen Klima erst recht nicht leisten! Wer Anfang des Jahres noch lautstark gegen die AfD demonstriert hat, muss auch so konsequent sein, diese Einschüchterungsversuche zu skandalisieren. Antifaschismus ist nicht nur einmal im Jahr und erst Recht nicht alle vier Wahljahre.

Lassen wir nun nicht zu, dass Antifaschismus kriminalisiert wird. Kommt zu den
Gerichtsverhandlungen! Keine Kriminalisierung von Antifaschismus!
Solidarität mit den Angeklagten!

100 Jahre Rote Hilfe – Ausstellung & Veranstaltungen in Osnabrück

Ausstellung 100 Jahre Rote Hilfe 1924 – 2024 in Osnabrück – vom 06. – 12. Mai im selbstverwalteten Zentrum SubstAnZ

Die Rote-Hilfe-Arbeit ist nicht ohne Brüche verlaufen: Die Rote Hilfe Deutschlands der Weimarer Republik, die zu einer der größten Massenorganisationen der Arbeiter*innenbewegung herangewachsen war, wurde 1933 von den Nazis in die Illegalität getrieben und schließlich blutig zerschlagen.

Erst zu Beginn der 1970er-Jahre entstanden wieder erste Gruppen unter dem Namen „Rote Hilfe“, die sich politisch stark gegeneinander abgrenzten und bald einen Niedergang erlebten. Ende der 1970er-Jahre existierte nur noch die von der KPD/ML gegründete Rote Hilfe Deutschlands, die sich um eine politische Öffnung für breitere Spektren bemühte.

Damit hatte sie 1986 Erfolg, als sie sich in Rote Hilfe e. V. umbenannte und damit den Ausgangspunkt der heutigen strömungsübergreifenden Solidaritätsorganisation bildete. Die Ausstellung zeichnet die komplexe Geschichte der Roten Hilfe(n) und deren Solidaritätspraxis nach.

Im Rahmen der Ausstellung wird es am Montag den 06. Mai um 19:15 Uhr einen Vortrag über die Rote Hilfe in der Weimarer Republik und im Faschismus geben. Die 1924 gegründete Rote Hilfe Deutschlands (RHD) war eine KPD-nahe Solidaritätsorganisation mit zuletzt rund einer Million Mitgliedern, unterstützt von so unterschiedlichen Persönlichkeiten wie Erich Mühsam, Kurt Tucholsky, Käthe Kollwitz, Albert Einstein oder Thomas Mann. Sie setzte sich für die politischen Gefangenen und deren Familien ein, bezahlte Anwält*innen für Angeklagte und protestierte mit Kampagnen gegen staatliche Repression. Nach dem Verbot durch die Nazis im März 1933 war die RHD jahrelang im Untergrund aktiv. Der Vortrag gibt einen Überblick über die RHD in beiden Epochen und greift Beispiele aus der Region auf.

Am Freitag den 10. Mai zeigen wir um 19 Uhr dann den Film „Solidarität verbindet – 100 Jahre Rote Hilfe“. Der Film widmet sich der Geschichte und Gegenwart der Solidaritätsarbeit. Beginnend bei der Roten Hilfe Deutschlands in der Weimarer Republik und in der Illegalität während des NS-Faschismus, schlägt der Film einen Bogen über die Neugründung von Rote-Hilfe-Strukturen in den 1970er Jahren bis zur heutigen Rote Hilfe e.V.

Hier geht’s zum Trailer: https://rote-hilfe.de/kampagnen/100-jahre/film-solidaritaet-verbindet-100-jahre-rote-hilfe

Die Ausstellung wird im Zeitraum 06. – 12. Mai täglich von 15:00 – 20:00 Uhr zu besichtigen sein. Eintritt frei!

Ort: Selbstverwaltetes Zentrum SubstAnZ, Frankenstraße 25a

Klimaaktivistin in Osnabrück verurteilt – Verfahren ist ein Angriff auf die Pressefreiheit!

In Osnabrück wurde die Klimaaktivistin Lynn vor dem Landgericht zu 90 Tagessätzen à 15€ verurteilt. Der Vorwurf: Nötigung und Verleumdung. Das Verfahren ist ein Angriff auf die Pressefreiheit!

Was war passiert?

Im Januar 2022 setzte sich die Klimaaktivistin Lynn in Osnabrück auf die Straße. Nach 20 Minuten erreichte der Staatsschutz den Ort des Geschehens und zerrte sie nach einiger Zeit von der Straße. Die Aktivistin verweigerte die Angabe ihrer Personalien und trug keinerlei Ausweisdokumente bei sich. Auf Grund dessen wurde Lynn im Anschluss auf der Polizeiwache ED-behandelt. Hierbei musste sie sich in der Zelle entkleiden. Diese Schikane soll laut der Polizei zur Suche nach einem Ausweis gedient haben. Doch es ist vollkommen offensichtlich, dass es hier – mal wieder – um Einschüchterung und Demütigung von Aktivist*innen geht. Die Aktivistin sollte aufgrund der Maßnahme einknicken und ihre Personalien angeben. Während der Maßnahme stellte sich für die Polizei heraus, dass sie Lynn mit jemanden aus einem Zeitungsartikel verwechselt hatten und ließen sie gehen.

Die Aktivistin machte das, was ihr auf der Polizeiwache widerfahren war, öffentlich. In der Folge hab es mehrere Berichte, unter anderem von der taz und der Neuen Osnabrücker Zeitung. Insbesondere der taz-Artikel erzeugte eine Reichweite über den Osnabrücker Diskurs hinaus und setzte die Osnabrücker Polizei unter Druck.

Einige Monate nach der Maßnahme wurde die Aktivistin in der Osnabrücker Innenstadt von mehreren Staatsschutzbeamten abgefangen, kontrolliert und ihre Identität festgestellten. Laut Aussage der Beamten vor Gericht handelte es sich hierbei um eine zufällige Begegnung. Es ist aber von einem Zusammenhang auszugehen – die Polizei reagierte auf den Druck durch die öffentliche Berichterstattung. Wegen eines Vorwurfs einer Nötigung sucht die Polizei schließlich in der Regel nicht Monate später noch die Stadt ab.

Nachdem die Identität der Aktivistin festgestellt worden war, wurde sie angeklagt. Nicht „bloß“ wegen Nötigung, sondern wegen Verleumdung und falscher Verdächtigung. Die Polizei bzw. die an der Maßnahme beteiligten Polizist*innen hatten Lynn angezeigt und bestritten, dass sich die Aktivistin komplett ausziehen musste. In erster Instanz wurde die Aktivistin in allen Anklagepunkte schuldig gesprochen. Die Richterin überbot sogar das geforderte Strafmaß der Staatsanwaltschaft, welche 70 Tagessätze gefordert hatte, und verurteilte die Aktivistin zu 120 Tagessätze je 15 €. Lynn wäre somit nicht nur vorbestraft, sondern hätte auch ihren Berufswunsch als Psychotherapeutin aufgeben müssen. Frei von Vorstrafen zu sein ist Voraussetzung für die Zulassung zur hierfür benötigten staatlichen Approationsprüfung durch die zuständigen Landesstellen. Die Berufung endete mit einem Teilerfolg. In zweiter Instanz wurde die Aktivistin zu 90 Tagessätzen wegen Verleumdung und Nötigung verurteilt. Der Vorwurf der falschen Verdächtigung wurde fallengelassen.

Der Prozess war ein einziges Schmierentheater. Es gehört in gewisser Weise zum Standard, dass sich Polizist*innen vor Gericht widersprechen. Dies hat allerdings häufig keinen Einfluss auf das Urteil, was auch in diesem Verfahren der Fall war. Die Polizist*innen bestritten nun gar nicht mehr, dass Lynn sich nahezu komplett entkleiden musste, sondern beharrten einfach nur darauf, dass nicht Ober- wie Unterkörper gleichzeitig entkleidet waren. Der Frage, wie diese Maßnahme der Suche nach einem Personalausweis dienlich sein solle, begegnete der Richter lediglich mit einem Vergleich zu Drogendealern: Dort sei das Entkleiden schließlich auch gängige Praxis.

Sowohl während des Prozesses als auch bei der Urteilsverkündung wurde zudem die „Betroffenheit“ der Polizist*innen eine Rolle beigemessen: Für die Polizist*innen sei es sehr belastend gewesen, auf diese Weise in der Presse dargestellt zu werden und zudem hätten sie Sorge vor einem Disziplinarverfahren gehabt. Weder sind die Polizist*innen in der Berichterstattung namentlich genannt worden, noch stand – natürlich – jemals ein Verfahren gegen sie im Raum.

Neben der für sich genommen schon demütigenden Maßnahme der Polizei ist das Geschilderte – von dem „zufälligen“ Abfangen in der Stadt, über die Anzeigen bis zu den zwei Gerichtsverhandlungen – noch aus einem anderen Grund als eine weitere Verschärfung von Repression einzuordnen: Es ist ein Angriff auf die Pressefreiheit! Wenn Menschen über Polizeigewalt sprechen, darüber berichten und Kontakt mit der Presse aufnehmen oder von dieser kontaktiert werden, dann gibt es nicht nur keine Konsequenzen für die Polizist*innen, sondern die Repressionsmaschinerie versucht zusätzlich Aktivist*innen gerichtlich mundtot zu machen. Sie sollen für ihren Widerstand, für das Skandalisieren, für das Schaffen von Öffentlichkeit bestraft werden. Diese Einschüchterungsversuche sollen dazu führen, dass Linke, nachdem sie Polizeigewalt erfahren haben, nicht mehr mit der Presse reden.

Leider ist ein Großteil der Presse hierzulande nicht in der Lage diese Art von Repression einzuordnen.

Filmvorführung „Tearing Walls Down“ am 17.3.24 im SubstAnZ

Am Vorabend des Internationalen Tag der politischen Gefangenen lädt die Rote Hilfe e.V. OG Osnabrück ein, gemeinsam den Film „Tearing Walls Down“ (T/D 2023) von Şerif Çiçek und Hebun Polat zu schauen.

Oppositionelle Politikerinnen in der Türkei werden von der Regierung seit Jahren abgesetzt, verfolgt oder eingesperrt. Die Dokumentation schaut auf drei Schicksale: Aysel Tugluk, Figen Yüksekdag und Gülten Kisanak sind demokratisch gewählte HDP-Politikerinnen, die im Zuge der Repressionswelle nach dem Friedensprozess 2016 inhaftiert wurden. Sibel Yigitalp setzt sich bis heute für ihre Freilassung ein. Der Film vermittelt, unter welchem Druck und Repression die Opposition in der Türkei steht. Nach den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen bietet der Film einen bedeutenden Einblick in die türkische Politik.

Unter der Regie von Şerif Çiçek und Hebûn Polat werden die politischen Portraits von den Geburtsstädten bis hin zum Kandıra-Gefängnis, in dem sie aktuell inhaftiert sind, nachgezeichnet. Der Film dokumentiert Gespräche mit ihren Familien, Freund*innen und Genoss*innen, denen es gelingt, ein politisches und dennoch sehr persönliches Portrait zu zeichnen.

Länge: 50 min.

18 Uhr im SubstAnZ
Frankenstraße 25a
49082 Osnabrück

Kampfansage an Versammlungsfreiheit: Razzien gegen antifaschistische Demonstrant*innen

In einer groß angelegten konzertierten Aktion durchsuchten vermummte Polizeieinheiten am 8. November 2023 die Wohnungen zahlreicher Antifaschist*innen im ganzen Bundesgebiet. Vorwand für den Repressionsschlag waren die Proteste gegen einen rechten Aufmarsch am 1. Mai 2023 in Gera, bei dem die Einsatzkräfte brutal gegen die antifaschistische Demonstration vorgegangen waren und über 250 Nazigegner*innen stundenlang in Freiluftgewahrsam festhielten. Der damalige Einsatz war im Nachgang harsch kritisiert worden. Den meisten von der jetzigen Durchsuchung Betroffenen wird ausschließlich zur Last gelegt, an der Versammlung teilgenommen zu haben.

Die von der Staatsanwaltschaft Gera in Auftrag gegebenen Durchsuchungen wurden bewusst spektakulär inszeniert und martialisch durchgeführt: Mit Rammen zerstörten maskierte und behelmte Beamt*innen in den frühen Morgenstunden die Türen, und in mehreren Fällen wurden die Betroffenen gefesselt. Selbst ein als „neutraler“ Zeuge auftretender Mitarbeiter des Ordnungsamts trat nur vermummt auf. Teilweise setzte die Polizei während der stundenlangen Durchsuchungen sogar Spürhunde ein.

Schwerpunkte des Repressionsschlags waren Thüringen und Sachsen, aber auch in anderen Bundesländern drangen Beamt*innen in Wohnungen von Aktivist*innen ein, die am 1. Mai in Gera protestiert haben sollen. Beschlagnahmt wurden in erster Linie Mobiltelefone, Computer und Datenträger. Außerdem fotografierten die Einsatzkräfte dunkle Kleidungsstücke.

Konkret vorgeworfen wird den Antifaschist*innen in der Regel ausschließlich Landfriedensbruch, also die Teilnahme an einer Versammlung, aus der heraus kriminalisierbare Handlungen verübt wurden, sowie ein Verstoß gegen das Uniformverbot. Letzterer soll darin bestehen, dass die Demonstrant*innen dunkle Kleidung getragen haben sollen, woraus die Repressionsbehörden nun eine „Uniform“ des „schwarzen Blocks“ konstruieren wollen. Nach welchen Kriterien die Staatsanwaltschaft die von den Durchsuchungen Betroffenen ausgewählt hat, bleibt schleierhaft.

„Die flächendeckenden Razzien gegen Menschen, denen einzig vorgeworfen wird, sich einem rechten Aufmarsch entgegengestellt zu haben, stellen eine neue Dimension der willkürlichen staatlichen Schikanierung dar, der die antifaschistische Bewegung ausgesetzt ist“, kommentierte Anja Sommerfeld vom Bundesvorstand der Roten Hilfe e. V. die Durchsuchungen.

Doch Sommerfeld erkennt darin weitergehende Konsequenzen: „Indem sie die bloße Teilnahme an einer Demonstration mit derart martialischen Repressionsmaßnahmen bedrohen, wollen die Behörden offenbar systematisch das Versammlungsrecht noch weiter aushöhlen. Es ist ein ähnlicher Vorstoß wie bei den Rondenbarg-Prozessen nach der Anti-G20-Demonstration 2017, bei dem die Teilnehmer*innen wegen ‚ostentativen Mitmarschierens‘ und ‚psychologischer Beihilfe‘ kriminalisiert werden. Geht es nach dem Willen von Polizei und Staatsanwaltschaft, muss den Betroffenen künftig keine individuelle Straftat mehr nachgewiesen werden. Stattdessen können alle bei einer Demonstration Anwesenden für die Aktionen Einzelner haftbar gemacht werden. Das ist eine Kampfansage an das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit.“

Abschließend erklärte Anja Sommerfeld: „Das staatliche Kalkül, durch diese Razzien die antifaschistische Bewegung einzuschüchtern und zu lähmen, wird nicht aufgehen. Den Repressionsangriffen stellen wir unsere Solidarität entgegen.“

[via Bundesvorstand]

Öffentlichkeitsfahndung im Antifa Ost Verfahren: Schluss mit der Hetzjagd auf Antifaschist*innen!

Nachdem Ende Mai die Urteile gegen Lina E. und drei weitere Antifaschist*innen gesprochen wurden und sie zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt wurden, die noch nicht rechtskräftig sind, macht die Bundesanwaltschaft ihre Drohung wahr: Aktuell wird nach Johann G. eine Öffentlichkeitsfahndung gestartet. Auf der Webseite des BKA ist sein Foto zu sehen und entsprechende Plakate sollen nach Medienberichten an öffentlichen Plätzen wie Bahnhöfen ausgehängt werden.

Der Aktivist soll ebenfalls einer konstruierten sog. „kriminellen Vereinigung“ angehören und sich an Angriffen gegen militante Neonazis beteiligt haben.

Hierzu erklärt Anja Sommerfeld, Mitglied im Bundesvorstand der Roten Hilfe e.V.:

„Die Öffentlichkeitsfahndung stellt den Genossen an den Pranger und ruft die Bevölkerung zur Denunziation auf. Damit ist die gesamte antifaschistische Bewegung gemeint. Ähnliches kennen wir bereits aus den Fahndungen rund um die Proteste gegen den G20-Gipfel. Die Grundrechte des Beschuldigten werden damit massiv verletzt, es findet eine Vorverurteilung mit Ansage statt.

Denn die Bundesanwaltschaft hatte im Antifa Ost Verfahren bereits zur Urteilsbegründung angekündigt, viele weitere Verfahren eröffnen zu wollen.

Die Art und Weise der Fahndung zeigt den unbedingten Verfolgungswillen der Repressionsbehörden gegen alle Personen und Gruppen, die sich in Leipzig und der Region gegen den Nazi-Terror wehren.

Nach all den Skandalen betreffend der Ermittlungsbehörden ist es vermutlich die Flucht nach vorne, um den Kampf gegen rechts zu kriminalisieren und die Verstrickungen von Beamt*innen in den Neonazi-Sumpf zu verschleiern.

Antifaschist*innen sollen dämonisiert und als sog. Kriminelle abgestempelt werden. Dem stellt sich die Rote Hilfe entgegen. Wir fordern die sofortige Einstellung der Öffentlichkeitsfahndung und der Verfolgung von Antifaschist*innen. Wir sind solidarisch mit allen Betroffenen und rufen alle linken und Grundrechtsorganisationen auf, dieser staatlichen Kampagne öffentlich zu widersprechen.“

Rote Hilfe Zeitung 3/2023

Die dritte Rote Hilfe Zeitung in 2023 ist erschienen. Schwerpunkt der Ausgabe: Aktion und Kunst im öffentlichen Raum.

Ihr könnt die Zeitung im Bahnhofsbuchhandel kaufen oder im Literaturvertrieb bestellen. Mitglieder bekommen die Zeitung zugeschickt.

Ihr möchtet Mitglied der Roten Hilfe werden? Hier lang!

Außerdem ist sie wie alle Ausgaben seit 3/2011 auch als PDF-Download verfügbar.

Die nächste Ausgabe der RHZ erscheint ca. Nov/Dez 2023 mit dem Schwerpunkt „Repression gegen migrantische Aktivist_innen“.

Mehrjährige Haftstrafen im Antifa Ost Verfahren

Am 31.05.23  wurden die Antifaschist*innen Lina E. und drei weitere Angeklagte zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Den Angeklagten wird vorgeworfen, im Zeitraum von 2018 – 2021 mehrfach Neonazis angegriffen zu haben. Sie sollen zudem einer „kriminellen Vereinigung“ nach Paragraf 129 StGB angehören. Lina E. wurde zu fünf Jahren und drei Monaten verurteilt, die weiteren Angeklagten erhielten Haftstrafen von zweieinhalb Jahren, drei Jahren sowie drei Jahren und drei Monaten.

Mit dem heutigen Urteil endet ein politisch motivierter Prozess, der von vornherein zum Ziel hatte, die Angeklagten stellvertretend für die antifaschistische Bewegung zu kriminalisieren und einzusperren.

So ist die Beweislage gegen die vier Betroffenen trotz 98 Prozesstagen als absolut dünn zu bezeichnen, was noch nicht einmal die Generalbundesanwaltschaft in ihrem Plädoyer zum Ende des Prozesses bestreiten konnte.

Die Anklage beruhte lediglich auf Indizien, Mutmaßungen und Konstruktionen der Repressionsorgane. Fragwürdige Anhaltspunkte wurden durchgängig zuungunsten der vier angeklagten Antifaschist*innen interpretiert, während entlastendes Material systematisch ignoriert wurde. Dass den teils offensichtlichen Lügen und widersprüchlichen Angaben des eigens bemühten Kronzeugen eine zentrale Rolle in der Beweisführung zukommt, ist ein weiterer Beleg dafür, wie wenig reales Beweismaterial das Oberlandesgericht als Basis für das politisch gewollte Urteil in der Hand hatte.

Bewusst wurden die Angeklagten in die Nähe eines angeblichen „Terrorismus“ gerückt und eine Bedrohung der Öffentlichkeit herbeigeredet und –geschrieben, um das heute gefallene Urteil bereits im Vorfeld zu legitimieren.

„Das heutige Urteil im Antifa Ost Verfahren war zu erwarten und ist dennoch ein politischer Skandal. Wäre das Verfahren nicht eindeutig politisch motiviert und von einem unbedingten Verurteilungswillen geprägt gewesen, hätte es nichts anderes als Freisprüche für die vier Angeklagten geben können.“, erklärt Anja Sommerfeld, Mitglied im Bundesvorstand der Roten Hilfe e.V. am Tag der Urteilsverkündung. „Mit diesem Urteil werden alle Antifaschist*innen kriminalisiert, es stellt eine klare Verschärfung der politischen Justiz dar. Daher rufen wir alle Menschen und Initiativen, die sich auf unterschiedlichsten Wegen gegen den Rechtruck in der Gesellschaft und den Nazi-Terror auf der Straße engagieren dazu auf, sich mit den heute Verurteilten zu solidarisieren und gegen die gesamte Prozessführung und die Urteile zu protestieren. Wir versichern ihnen unsere Solidarität und fordern ihre sofortige Freilassung.“

[via Bundesvorstand]