100 Jahre Rote Hilfe – Ausstellung & Veranstaltungen in Osnabrück

Ausstellung 100 Jahre Rote Hilfe 1924 – 2024 in Osnabrück – vom 06. – 12. Mai im selbstverwalteten Zentrum SubstAnZ

Die Rote-Hilfe-Arbeit ist nicht ohne Brüche verlaufen: Die Rote Hilfe Deutschlands der Weimarer Republik, die zu einer der größten Massenorganisationen der Arbeiter*innenbewegung herangewachsen war, wurde 1933 von den Nazis in die Illegalität getrieben und schließlich blutig zerschlagen.

Erst zu Beginn der 1970er-Jahre entstanden wieder erste Gruppen unter dem Namen „Rote Hilfe“, die sich politisch stark gegeneinander abgrenzten und bald einen Niedergang erlebten. Ende der 1970er-Jahre existierte nur noch die von der KPD/ML gegründete Rote Hilfe Deutschlands, die sich um eine politische Öffnung für breitere Spektren bemühte.

Damit hatte sie 1986 Erfolg, als sie sich in Rote Hilfe e. V. umbenannte und damit den Ausgangspunkt der heutigen strömungsübergreifenden Solidaritätsorganisation bildete. Die Ausstellung zeichnet die komplexe Geschichte der Roten Hilfe(n) und deren Solidaritätspraxis nach.

Im Rahmen der Ausstellung wird es am Montag den 06. Mai um 19:15 Uhr einen Vortrag über die Rote Hilfe in der Weimarer Republik und im Faschismus geben. Die 1924 gegründete Rote Hilfe Deutschlands (RHD) war eine KPD-nahe Solidaritätsorganisation mit zuletzt rund einer Million Mitgliedern, unterstützt von so unterschiedlichen Persönlichkeiten wie Erich Mühsam, Kurt Tucholsky, Käthe Kollwitz, Albert Einstein oder Thomas Mann. Sie setzte sich für die politischen Gefangenen und deren Familien ein, bezahlte Anwält*innen für Angeklagte und protestierte mit Kampagnen gegen staatliche Repression. Nach dem Verbot durch die Nazis im März 1933 war die RHD jahrelang im Untergrund aktiv. Der Vortrag gibt einen Überblick über die RHD in beiden Epochen und greift Beispiele aus der Region auf.

Am Freitag den 10. Mai zeigen wir um 19 Uhr dann den Film „Solidarität verbindet – 100 Jahre Rote Hilfe“. Der Film widmet sich der Geschichte und Gegenwart der Solidaritätsarbeit. Beginnend bei der Roten Hilfe Deutschlands in der Weimarer Republik und in der Illegalität während des NS-Faschismus, schlägt der Film einen Bogen über die Neugründung von Rote-Hilfe-Strukturen in den 1970er Jahren bis zur heutigen Rote Hilfe e.V.

Hier geht’s zum Trailer: https://rote-hilfe.de/kampagnen/100-jahre/film-solidaritaet-verbindet-100-jahre-rote-hilfe

Die Ausstellung wird im Zeitraum 06. – 12. Mai täglich von 15:00 – 20:00 Uhr zu besichtigen sein. Eintritt frei!

Ort: Selbstverwaltetes Zentrum SubstAnZ, Frankenstraße 25a

Klimaaktivistin in Osnabrück verurteilt – Verfahren ist ein Angriff auf die Pressefreiheit!

In Osnabrück wurde die Klimaaktivistin Lynn vor dem Landgericht zu 90 Tagessätzen à 15€ verurteilt. Der Vorwurf: Nötigung und Verleumdung. Das Verfahren ist ein Angriff auf die Pressefreiheit!

Was war passiert?

Im Januar 2022 setzte sich die Klimaaktivistin Lynn in Osnabrück auf die Straße. Nach 20 Minuten erreichte der Staatsschutz den Ort des Geschehens und zerrte sie nach einiger Zeit von der Straße. Die Aktivistin verweigerte die Angabe ihrer Personalien und trug keinerlei Ausweisdokumente bei sich. Auf Grund dessen wurde Lynn im Anschluss auf der Polizeiwache ED-behandelt. Hierbei musste sie sich in der Zelle entkleiden. Diese Schikane soll laut der Polizei zur Suche nach einem Ausweis gedient haben. Doch es ist vollkommen offensichtlich, dass es hier – mal wieder – um Einschüchterung und Demütigung von Aktivist*innen geht. Die Aktivistin sollte aufgrund der Maßnahme einknicken und ihre Personalien angeben. Während der Maßnahme stellte sich für die Polizei heraus, dass sie Lynn mit jemanden aus einem Zeitungsartikel verwechselt hatten und ließen sie gehen.

Die Aktivistin machte das, was ihr auf der Polizeiwache widerfahren war, öffentlich. In der Folge hab es mehrere Berichte, unter anderem von der taz und der Neuen Osnabrücker Zeitung. Insbesondere der taz-Artikel erzeugte eine Reichweite über den Osnabrücker Diskurs hinaus und setzte die Osnabrücker Polizei unter Druck.

Einige Monate nach der Maßnahme wurde die Aktivistin in der Osnabrücker Innenstadt von mehreren Staatsschutzbeamten abgefangen, kontrolliert und ihre Identität festgestellten. Laut Aussage der Beamten vor Gericht handelte es sich hierbei um eine zufällige Begegnung. Es ist aber von einem Zusammenhang auszugehen – die Polizei reagierte auf den Druck durch die öffentliche Berichterstattung. Wegen eines Vorwurfs einer Nötigung sucht die Polizei schließlich in der Regel nicht Monate später noch die Stadt ab.

Nachdem die Identität der Aktivistin festgestellt worden war, wurde sie angeklagt. Nicht „bloß“ wegen Nötigung, sondern wegen Verleumdung und falscher Verdächtigung. Die Polizei bzw. die an der Maßnahme beteiligten Polizist*innen hatten Lynn angezeigt und bestritten, dass sich die Aktivistin komplett ausziehen musste. In erster Instanz wurde die Aktivistin in allen Anklagepunkte schuldig gesprochen. Die Richterin überbot sogar das geforderte Strafmaß der Staatsanwaltschaft, welche 70 Tagessätze gefordert hatte, und verurteilte die Aktivistin zu 120 Tagessätze je 15 €. Lynn wäre somit nicht nur vorbestraft, sondern hätte auch ihren Berufswunsch als Psychotherapeutin aufgeben müssen. Frei von Vorstrafen zu sein ist Voraussetzung für die Zulassung zur hierfür benötigten staatlichen Approationsprüfung durch die zuständigen Landesstellen. Die Berufung endete mit einem Teilerfolg. In zweiter Instanz wurde die Aktivistin zu 90 Tagessätzen wegen Verleumdung und Nötigung verurteilt. Der Vorwurf der falschen Verdächtigung wurde fallengelassen.

Der Prozess war ein einziges Schmierentheater. Es gehört in gewisser Weise zum Standard, dass sich Polizist*innen vor Gericht widersprechen. Dies hat allerdings häufig keinen Einfluss auf das Urteil, was auch in diesem Verfahren der Fall war. Die Polizist*innen bestritten nun gar nicht mehr, dass Lynn sich nahezu komplett entkleiden musste, sondern beharrten einfach nur darauf, dass nicht Ober- wie Unterkörper gleichzeitig entkleidet waren. Der Frage, wie diese Maßnahme der Suche nach einem Personalausweis dienlich sein solle, begegnete der Richter lediglich mit einem Vergleich zu Drogendealern: Dort sei das Entkleiden schließlich auch gängige Praxis.

Sowohl während des Prozesses als auch bei der Urteilsverkündung wurde zudem die „Betroffenheit“ der Polizist*innen eine Rolle beigemessen: Für die Polizist*innen sei es sehr belastend gewesen, auf diese Weise in der Presse dargestellt zu werden und zudem hätten sie Sorge vor einem Disziplinarverfahren gehabt. Weder sind die Polizist*innen in der Berichterstattung namentlich genannt worden, noch stand – natürlich – jemals ein Verfahren gegen sie im Raum.

Neben der für sich genommen schon demütigenden Maßnahme der Polizei ist das Geschilderte – von dem „zufälligen“ Abfangen in der Stadt, über die Anzeigen bis zu den zwei Gerichtsverhandlungen – noch aus einem anderen Grund als eine weitere Verschärfung von Repression einzuordnen: Es ist ein Angriff auf die Pressefreiheit! Wenn Menschen über Polizeigewalt sprechen, darüber berichten und Kontakt mit der Presse aufnehmen oder von dieser kontaktiert werden, dann gibt es nicht nur keine Konsequenzen für die Polizist*innen, sondern die Repressionsmaschinerie versucht zusätzlich Aktivist*innen gerichtlich mundtot zu machen. Sie sollen für ihren Widerstand, für das Skandalisieren, für das Schaffen von Öffentlichkeit bestraft werden. Diese Einschüchterungsversuche sollen dazu führen, dass Linke, nachdem sie Polizeigewalt erfahren haben, nicht mehr mit der Presse reden.

Leider ist ein Großteil der Presse hierzulande nicht in der Lage diese Art von Repression einzuordnen.